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KULTUR IN KARLSRUHE

“Nicht mehr auf Teufel kommt raus”

Ein Kommentar zum BNN Artikel vom 1. August 2019 Demokratie heißt auch die öffentliche Meinung, oder auch nur die Meinung einzelner, zu ertragen.Was leider in diesem Bericht fehlt, sind die vielen weiteren Facetten, die den Lauinger Verlag seid Übernahme des damals größten Verlags Karlsruhe, den G.Braun Verlag, eine Abteilung des Telefonbuch Verlages, zu stemmen hatte. Sie hätten damals das nötige Kleingeld gehabt, doch einfach den Verlag, oder diese Abteilung zu schließen. Sie, das war die neue Eigentümerin, die Schlütersche Verlagsgesellschaft Hanover. Damals setzte sich der Verlagsleiter, Stefan Brücker, für ein weiters bestehen, und eine Lösung der 8 Mitarbeiter ein, davon langjährige, die bereits vor 20 Jahren dort ihre Ausbildung gemacht haben. Was fehlte war eine transparente Einsicht der tatsächlichen Lage des Verlages. Und die vollständige, ehrliche Übersicht der bereits geplanten Projekte und die damit verbunden, bereits festgelegten und zu erwartenden Verbindlichkeiten. Aber vielleicht war damals dem Verlagsleiter in seinen vielen kleinen Kalkulationen die Gesamtübersicht selbst nicht so bewußt. Im Gegenteil, es machte den Eindruck, dass mit Leidenschaft, viel Engagement und frischen Wind eine neue Ära der Karlsruher, besser noch, der süddeutschen, nein, in der gesamtdeutschen Verlagslandschaft, eingeläutet werden kann. Somit war bereits von Anfang an das Budget, trotz unabhängigen, erfahren Berater, nicht optimal berechnet.Möglicherweise hätte sich, durch die, nach dem bereits im ersten Halbjahr eingeläutete Umstrukturierungsmaßnahmen in Richtung Inhouse und weniger Dienstleiter, Bereinigung des Projektplans der folgenden Verlagsprogramme und die neu angegangen Regelungen in der Aufstellung der Dienstleiter im Bereich Vertrieb und Herstellung, der Lauinger Verlag – damals noch Der Kleine Buch Verlag – , trotz im Nachhinein zu kleinen Bank Kredits, der angemerkt eine sechsstellige war, fangen können, wenn nicht zudem das VG-Wort-Streifall dazwischen gekommen wäre. Also die Abschaffung des Verlegeranteils, alles den Autoren.Der Verlag gab niemals auf, motivierte sich stets, war offen für alle mögliche Optimierungen, engagierte sich, richtete stets nach. Der finanzielle Druck blieb. Jeden Monat. Welche Rechnungen haben gerade die größte Priorität. Zudem stets auf der Suche nach weiteren Möglichkeiten der Nachfinanzierung. Es gab zu keinem Zeitpunkt Spielraum für Rücklagen.Das Team setzte auf Novitäten – und blieb zu lange in diesem Strudel. Viele Titel produzieren um an Umsatzzahlen zu kommen. Aus heutiger Sicht, der falsche Weg. Viel zu sehr auf Vormerker konzentriert. Um Autoren zu befrieden. Den Buchhändler zu befrieden. Im Glauben, keiner interessiere sich für Titel, die im Vorjahr erschienen sind. Und somit zu viel mit fiktiven Zahlen gerechnet. Das Team falsch aufgestellt um diese Ziele zu erreichen, 4 ½ Projektmanager, die neue Buchprojekte umsetzten, ½ Grafiker und nur einen Vertriebler. Es macht ja auch mehr Spaß an einem neuen Projekt zu arbeiten, als dann später Bücher zu verkaufen. Dies is Mühsam. Auch der Autor fühlt sich eher als Kreativer, weniger als Verbreiter seiner Werke. Dies ist doch unangenehm – und beim besten Willen nicht sein Job.Es passierte viel, es wurde viel gerechnet, es wurde immer wieder kritisch hinterfragt, es gab auch viele schöne Momente. Bücher machen ist per se einfach eine schöne Sache. Ende 2017 brach dann endgültig das Kartenhaus zusammen. Auch die Verlegerin. Inzwischen wurde sich von allen Mitarbeiter verabschiedet. Einige waren sehr teuer. Von einigen Autoren wurde sich verabschiedet. Auch hier, einige Trennungen waren sehr teuer. Die Verlegerin verstummte. Auf eine ambivalente Art. An manchen Tagen konnte sie sich den Problemen stellen, an anderen Tagen nicht. An manchen Tagen hatte sie die Kraft nach Lösungen zu suchen, an anderen wiederum nicht. Es wurde nichts mehr Investiert. Es gab nichts zum Investieren. Deshalb hat es fast drei Monate gedauert, bis die Homepage auf den neue Wechsel von http auf https umgestellt worden war. Deshalb funktioniert das Internet-Telefon mal mehr, mal weniger. Es legt keiner auf. Im Gegenteil, sie nahm Mitte 2018 eine Halbtagsstelle an, um weiter Gläubiger zu bedienen. Sie hatte den Punkt erreicht, bei dem sie nicht nur seit Anbeginn sich noch nie einen Cent an Gehalt ausbezahlt hat, bei dem sie sogar für den Verlag arbeiten geht. Manchmal fehlt dann einfach die Zeit, aber auch einfach mal die Kraft, um alle Belange nachzugehen.Die Insolvenz ist die einzige logische Entscheidung. Eine letzte Möglichkeit, weiter schöne Bücher zu erschaffen. Ein letzter Kraftakt um aus diesem gefühlt ewigen Strudel zu entkommen. Endlich vielleicht tatsächlich “nicht mehr auf Teufel komm raus” von allen Seiten, von Eitelkeiten und Befindlichkeiten getrieben zu sein. Das wesentliche im Auge zu behalten: Schöne Bücher machen – die haben aber Ihren Preis.